Nibelungenlied
Der Hundeshagener Codex ist die einzige erhaltene illuminierte Handschrift des Nibelungenliedes und schildert das um 1200 entstandene Heldenepos in einem umfangreichen Bilderzyklus. Die nach dem Bibliothekar Helfrich Bernhard Hundeshagen benannte Handschrift, die er 1816 kurz nach ihrer Wiederentdeckung erwarb, wird auf ca. 1440 datiert und ist im ostschwäbischen Dialekt geschrieben. Die 37 Federzeichnungen erwecken das deutsche Nationalepos bis heute zum Leben. Die berühmte Geschichte von Heldentum, Intrigen und Verrat hat ihre Wurzeln in historischen Figuren und Ereignissen aus dem 5. und 6. Jahrhundert, doch vermitteln die meisterhaften Miniaturen auch ein plastisches Bild vom Leben des deutschen Adels in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Wir haben das große Glück, dass dieses Unikat nicht nur vollständig erhalten ist, sondern dass sowohl der Text als auch die Miniaturen offensichtlich von äußerst geschickten Händen geschaffen wurden.
Nibelungenlied
Die Sage um Siegfried den Drachentöter gilt seit dem 19. Jahrhundert als deutsches Nationalepos. Nur noch in einer einzigen kolorierten Bilderhandschrift liegt eine mittelhochdeutsche Fassung vor, nämlich im Hundeshagenschen Codex aus der Zeit um 1440. Das Heldenepos erzählt die Geschichte von Siegfried, der dem burgundischen König Gunther hilft, eine Braut heimzuführen und als Belohnung die schöne Kriemhild zur Frau nehmen darf. Doch sein Triumph währt nicht lange, Verrat und Intrigen führen zum Tod Siegfrieds und zu unendlichem Unglück. Der Hundeshagensche Codex enthält 384 Seiten mit insgesamt 37 eindrucksvollen farbigen Federzeichnungen, die die wohlbekannten Ereignisse lebendig werden lassen.
Eine Geschichte voller offener Fragen
Ob es sich bei dieser illustrierten Niederschrift der Nibelungensage aus dem 15. Jahrhundert um ein Auftragswerk handelt, konnte nie festgestellt werden. Ebenso suchte man vergeblich nach einem Autor. Außerdem kann heute nicht mehr gesagt werden, bei welcher der wenigen, noch erhaltenen Vorgängerschriften es sich um die tatsächliche Urfassung des Epos handelt. Sicher ist, dass für die im Hundeshagenschen Codex festgehaltene Handschrift etwa um 1200 verschiedene nordische Sagenelemente und reale geschichtliche Ereignisse der Völkerwanderungszeit und Merowingerzeit miteinander kombiniert wurden, und daraus eine gewaltige Heldensage im ostschwäbischen Dialekt des Mittelhochdeutschen entstanden ist.
Ein deutsches Nationalepos?
Das Nibelungenlied gelangte erst Jahrhunderte nach seiner Entstehungszeit zu großem Ruhm. Im Mittelalter machte die Erzählung wenig Eindruck neben literarischen Meisterwerken wie Geoffrey Chaucers Canterbury Tales oder der Divina Comedia von Dante. Im 18. und 19. Jahrhundert, der Zeit der aufkommenden Germanistik und des erwachenden Nationalbewusstseins, entdeckte die damalige Forschung den geschichtsträchtigen Wert dieses Textes und machte ihn zu einem unausweichlichen Stück deutscher Literatur.
Eine in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Ausgabe
Ein einmaliges Detail des Hundeshagenschen Codex ist die Verknüpfung zweier Handlungsstränge, die hier vorgenommen wurde. Es gibt nämlich zwei verschiedene Vorgängerfassungen des Epos. In der ersten Version endet die Geschichte mit den Worten „ daz ist der Nibelunge lied“ und in der zweiten Version mit „daz ist der Nibelunge not“. Das Werk Hundeshagens vereint die beiden Versionen. Der Codex entstand etwa 1440 und wurde benannt nach einem seiner Besitzer, nämlich dem Bibliothekar Helfrich Bernhard Hundeshagen. Er erwarb das Werk angeblich 1816 bei einem Mainzer Antiquar, mehr offenbarte er allerdings nicht zu seinem Kauf.
Einmalige Illustrationen
So geheimnisvoll seine Geschichte ist, so überragend ist der Bilderschmuck des Buches. 37 prächtige, noch heute hervorragend erhaltene Buchmalereien in spätmittelalterlichem Stil dekorieren die Schrift und machen sie zur einzigen Ausgabe mit einem umfassenden Illustrationszyklus. Ein talentierter Miniator führte die Federzeichnungen mit sicherem Strich und mit großer Liebe zum Detail aus. Er benutzte keinen Goldschmuck für seine Bilder, aber er schaffte es, mit größter Farbenvielfalt zu begeistern. Faszinierende Darstellungen ritterlich-höfischer Feste, Turniere, Jagden, geheime Einblicke in königliche Schlafgemächer und Malereien von Reisegesellschaften zu Wasser und zu Land versetzen ihren Betrachter zurück in die längst vergangene Zeit der Nibelungen.
Bibliotheknummer:
Typ:
Buch
Art:
Faksimile
Kommentarband:
ja
Zustand:
Sehr gut
Jahr:
1440
Herkunft:
Deutschland
Sprache:
deutsch
Genre:
Literatur | Dichtung